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STRAHLEN - TELEX 7.August 2014 & andere Quellen
ElektrosmogReport Strahlentelex mit
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
ISSN 0931-4288 www.strahlentelex.de Nr. 662-663 / 28.Jahrgang, 7. August 2014
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Atommüll:
Wie wenig mit „Freimessungen light" als Atommüll übrigbleibt, zeigt Gertrud Patan von der Initiative AtomErbe Obrigheim. Seite 8
Atommüll:
350 Tonnen freigemessener Bauschutt aus dem AKW Würgassen sollen jetzt in Herne „thermisch behandelt" werden. Seite 11
Freigabe „schwach" ra-dioaktiv belasteter Ma-terialien der Atomkraft-werksblöcke Biblis A
und B
Ohne den bestrahlten Kern-brennstoff (pro Reaktorblock circa 1·1019 Becquerel (Bq)) beträgt die gesamte geschätzte Aktivität pro Reaktorblock des Atomkraftwerks Biblis den Angaben des Betreibers RWE Power AG in seinen Si-cherheitsberichten A und B zufolge „ca. 1·E+17" Bq (1·1017 Bq). An anderer Stelle der vorgelegten Unterlagen ist von einer Aktivität der akti-vierten Anlagenteile von 5,4·1016 (pro Block) die Rede. Diese Zahlen unterscheiden
* Dr. phil. nat. Werner Neumann, Sprecher des Arbeitskreises Energie im wissenschaftlichen Beirat des BUND e.V. und Mitglied in der BUND Atom- und Strahlenkommission.
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Diese Ausführungen zur Freigabe sind auch Teil der Stellungnahme und Einwendung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesver-band Hessen e.V. zum Antrag der RWE Power AG vom 06.08.2012 – Kraftwerk Biblis auf eine Ge-nehmigung zur Stilllegung und zu einer ersten Genehmigung zum Abbau von Anlagenteilen der Kernkraftwerksblöcke Biblis A und B, Frankfurt am Main, vom 3. Juli 2014
sich immerhin um den Faktor 2. Dies zeigt, wie ungenau die Abschätzung der Radioaktivi-tät in den Reaktoren ist. Es sind deshalb Angaben über Messungen und Methoden der Abschätzungen vorzulegen, fordert der Landesverband Hessen des BUND, und es ist darzulegen, welche Radionu-klide mit welchen Aktivitäten sich in welchen Bauteilen be-finden (Kontamination und Aktivierung).
Zudem suggeriert die zwei-stellige Angabe (5,4·1016) dass diesem Zahlenwert eine genauere Berechnung oder Messung zugrunde liegt. Die-se wurde jedoch mit dem Si-cherheitsbericht der RWE Power AG nicht mitgeliefert. Der BUND Hessen fordert deshalb, dass als Grundlage für alle weiteren Beurteilun-gen ein Nachweis einer Be-standsaufnahme der im Reak-tor befindlichen Radioaktivität vorgelegt wird. Hierbei ist auch eine Darstellung der je-weiligen Verteilung verschie-dener Radionuklide in den Bauteilen der Anlage beizufü-gen, nebst Hinweisen auf die jeweiligen Halbwertszeiten. Im Sicherheitsbericht A wer-den nur jeweils drei Radio-nuklide für die Aktivierung sowie die Kontamination an-gegeben und als „relevant" bezeichnet (Cobalt-60, Eisen-
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Atommüll
Bis zu 1.000-fach höheres Strahlenrisiko bei der Freigabe von Atommüll aus dem Abriss von Atomkraftwerken
Das Freigabekonzept erweist sich bei eingehender Prüfung der Kriterien, Annahmen und Voraussetzun-gen als Kartenhaus auf tönernen Füßen.
Von Werner Neumann*
Ein zentraler Aspekt des Abbaukonzeptes stillgelegter Atomkraftwerke beruht darauf, dass ein großer Anteil von über 80 und 90 Prozent der abzubauenden Mate-rialien, die mit Radioaktivität aktiviert oder kontami-niert sind, aus dem Kontrollbereich des Atomgeset-zes durch das Verfahren der „Freigabe" gemäß Para-graph 29 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV; sowie damit verbundener Anhänge, in denen die An-forderungen der Freigabe festgelegt sind) entlassen werden. Am Beispiel des Antrags der RWE Power AG auf Genehmigung zur Stilllegung und zu einer ersten Genehmigung zum Abbau von Anlagenteilen der Kernkraftwerksblöcke Biblis A und B wird gezeigt, daß die Freigaberegelung nach dem in der deutschen StrlSchV festgeschriebenen 10 Mikrosievert-Konzept auf tönernen Füßen steht und inakzeptabel ist. 2 Strahlentelex Nr. 662-663 / 2014
55, Nickel-63 bzw. Tritium (H-3), Europium-152, Europium-154). Demgegenüber nennt das Bundesumweltministeri-um (in seiner Broschüre über Stilllegung und Freigabe beim Abriss von AKW) über 30 Radionuklide die (mindestens) beim Abbau von Reaktoren zu beachten sind. Und die Strah-lenschutzverordnung fordert die Einhaltung von Grenzwer-ten der Freigabe für über 300 verschiedenen Radionuklide.
Es ist auffällig, dass RWE Power AG in diesem Zusam-menhang vor allem Radionu-klide mit Halbwertszeiten von 3 bis 12 Jahren aufführt und alle Radionuklide mit Halb-wertszeiten über 100 Jahren und bis zu einigen 10- bis 100.000 Jahren als nicht rele-vant betrachtet. Insbesondere erfolgt keine Angabe zu Al-pha-Strahlern. Es ist unklar, ob RWE Power AG die Rele-vanz an der Frage der von au-ßen wirkenden Strahlungswir-kung festmacht oder an der Frage der Inkorporation der radioaktiven Stoffe.
Insgesamt sind die Angaben der RWE Power AG über die Radioaktivität im Bereich des Reaktorgebäudes extrem schwach und sehr begrenzt ausgeführt und nicht begrün-det. Im Sicherheitsbericht A heißt es, es läge „eine Reihe" von radiologischen Daten vor, Eine genauere Begründung oder Ableitung der Aktivitäten und ihrer Verteilung wurde im Sicherheitsbericht nicht vorge-legt. Der BUND Hessen for-dert deshalb die öffentliche Vorlage dieser Messungen und Berechnungen und der erwähnten „Reihe" von Daten, wie Messungen, „Sondernu-klidanalysen", Dokumentation von Kontaminations- und Do-sisleistungsmessungen. Es ist darzulegen, mit welchen An-nahmen aus diesen Daten eine „Abschätzung" des radiologi-schen Zustands der Reaktor-blöcke erstellt wurde.
Auch die Mengenbilanzen sind nicht detailliert genug. Die Aktivitäten in den abzu-bauenden Materialien werden angegeben zu:
Gesamtmasse 170.000 Ton-nen,
davon 156.000 Tonnen Ge-bäudemassen,
davon 138.500 Tonnen Ge-bäude, von denen Teile mög-licherweise kontaminiert sind, und
des Weiteren 31.500 Tonnen radioaktive Reststoffe.
Insgesamt geht es also um cir-ca 170.000 Tonnen Reststoffe, die mehr oder minder, aber in jedem Fall eine radioaktive Belastung aufweisen. Im Si-cherheitsbericht A wurde je-doch sogleich eine Menge von 138.500 Tonnen ohne weite-ren Nachweis weggelassen, mit dem Hinweis, dass diese „an der stehenden Struktur" freigegeben werden könne. Dies bedeutet aber, dass eine nennenswerte und nachweis-bare Radioaktivität in diesem Material vorhanden ist. Dies ist nachzuweisen und darzule-gen. Die Frage, ob und unter welchen Bedingungen eine „Freigabe" erfolgen kann, ist dann erst in zweiter Linie zu stellen.
RWE Power AG geht auch davon aus, dass neben den 138.500 Tonnen aus dem Ab-riss der Gebäude weitere 24.650 Tonnen der „radioakti-ven Reststoffe", zum Teil nach Dekontaminationsmaß-nahmen, einer Freigabe zuge-führt werden können.
Wie noch gezeigt wird, ist die Einhaltung der Zielgröße der StrlSchV, des 10 Mikrosie-vert-(μSv-)Konzepts, jedoch nicht gewährleistet. Daher for-dert der BUND Hessen eine übersichtliche Darstellung der verschiedenen Massen und ihrer wahrscheinlichen oder nachgewiesenen Radioaktivi-täten.
Eine starke Konzentration ra-dioaktiver Stoffe befindet sich im Reaktordruckbehälter und im „Biologischen Schild", der baulichen Betonstruktur zur Abschirmung von radioaktiver Strahlung (laut Sicherheitsbe-richt A sowie eigenen Berech-
nungen):
Reaktordruckbehälter und Ein-bauten: Aktivität 2,4·1016 Bq, Masse 850 Tonnen, spezi-fische Aktivität ca. 2·107 Bq pro Gramm (Bq/g)
Biologischer Schild: Aktivität 1,1·1012 Bq, Masse 1.100 Tonnen, spezifische Aktivität ca. 1.000 Bq/g
Sonstige Aktivierung: Aktivi-tät 3,5·1011 Bq, Masse 2700 Tonnen, spezifische Aktivität ca. 100 Bq/g
Diese spezifischen Aktivitäten des Biologischen Schildes und der „sonstigen Aktivierung" liegen im Bereich des Para-graphen 29 StrlSchV, der eine Freigabe entweder als „unein-geschränkte Freigabe" oder „eingeschränkte Freigabe" nach bestimmten Jahresmen-gen (100 oder 1000 Tonnen) für Entsorgungswege auf De-ponien, Müllverbrennungsan-lagen oder in Metallschmelzen vorsieht. Es ist ersichtlich, dass RWE Power AG diese Regelung so weitgehend wie möglich ausnutzen will, um mittels der „Freigaberege-lung" einen großen Anteil der radioaktiven Reststoffe in die Umwelt und Stoffkreisläufe abzugeben. Dies widerspricht dem Minimierungsgebot des Strahlenschutzes.
Entsprechend beabsichtigt RWE Power AG einen erheb-lichen Anteil der Radioaktivi-tät über verschiedene Pfade oder über die Verteilung in Stoffströme sowie Pfade der Aufnahme radioaktiver Stoffe über Wasser, Boden, Luft, Nahrungsmittel oder auch die Einlagerung radioaktiver Stof-fe in metallische Gegenstände (zum Beispiel in Bratpfannen, Autos, Zahnspangen) freizu-geben, so dass eine der Vertei-lung der Radioaktivität und der Exposition (zum Beispiel Direktstrahlung beim Trans-port, Deponiearbeiter, Be-schäftigte in Verbrennungsan-lagen, Metallschmelzen) ent-sprechende Strahlenbelastung der Bevölkerung damit ein-hergeht.
Dies zeigt zum einen, dass diese Freigaberegelung in Richtung auf eine möglichst maximale Ausnutzung von Grenzwerten schon in der Strahlenschutzverordnung an-gelegt ist und zum anderen RWE Power AG diese Rege-lung auch in dieser Hinsicht auszunutzen beabsichtigt. Dies widerspricht jedoch dem Vorsorgeprinzip, nach dem jegliche vermeidbare Strah-lenbelastung unterbleiben soll.
Grundsätzliche Kritik am Konzept der Freigabe „schwach" radioaktiver Stoffe
Das grundsätzliche Konzept der Freigabe eines großen An-teils von Materialien aus ato-maren Kontrollbereichen wur-de entwickelt, als spätestens Mitte der 1990er Jahre klar wurde, dass es in den nächsten Jahrzehnten weltweit und vor allem in Europa (durch Still-legung alter Reaktoren russi-scher Bauweise, wie zum Bei-spiel Greifswald) zu einem er-heblichen Anfall radioaktiver Reststoffe kommen wird. Die Europäische Kommission hat-te hierzu auf der Grundlage einer Empfehlung der Interna-tionalen Atomenergiebehörde IAEA Untersuchungen durch-führen lassen, mit dem Ziel, zu bestimmen, wie hoch die Strahlenbelastung einer ein-zelnen Person im schlechtes-ten Fall sein kann, wenn frei-gegebene radioaktive Stoffe zu einer radioaktiven Belas-tung dieser Person führen. Dieses Konzept baut zum ei-nen auf einem von der IAEA vorgegebenen Grenzwert auf, einer jährlichen Strahlenbelas-tung von 10 Mikrosievert (10 μSv). Dieser Wert liegt bei etwa 1 Prozent der Strahlenbe-lastung aus natürlichen und künstlichen Quellen in Deutschland. Auf der anderen Seite stellte sich die Frage, welche maximale Aktivität (Bq und Bq/g) freizugebende Materialien aufweisen dürfen.
Hierzu war es erforderlich, Modelle zu erarbeiten, wie diese mit Radioaktivität aus-Nr. 662-663 / 2014 Strahlentelex 3
gestatteten Materialien in die Umwelt gelangen, verteilt werden, eventuell über Luft, Wasser, Böden auch wieder kumuliert werden, also die so genannten Transferpfade, bis die Radioaktivität entweder durch Direktstrahlung von au-ßen oder durch Aufnahme von Staub oder Nahrungsmitteln in den Körper gelangt.
Bei dieser Einwirkung wird sodann nach verschiedenen Radionukliden differenziert und es werden gemäß den ver-schiedenen Stoffwechselpro-zessen, so genannte Dosisfak-toren angesetzt, die angeben, wie hoch eine Strahlenwir-kung ausgedrückt in Sievert ist, wenn eine bestimmte Ak-tivität, gemessen in Becquerel (Bq) in den Körper gelangt ist. Hierbei wird zum Beispiel zwischen den verschiedenen Verhaltensformen radioaktiver Stoffe unterschieden. Zum Beispiel Strontium-90, das sich ähnlich wie Calcium ver-hält und insbesondere bei Kindern in den Knochen ein-gelagert wird. Oder Cäsium-137, das sich ähnlich wie Ka-lium in Körperflüssigkeiten oder Nervenbahnen verhält.
Unterschätzung des Strahlenrisikos um den Faktor 10
Der zugrunde gelegte Grenz-wert war allerdings nicht aus der Regel abgeleitet worden, dass durch die Freigabe „nur" 1 Prozent zur jährlichen Strah-lenbelastung hinzukommen dürfe. Grundlage waren Fak-toren, die die durchschnittli-che Krebssterblichkeit bei ei-ner Strahlenbelastung eines bestimmten Kollektivs von 100.000 oder 1 Million Perso-nen angibt. Dieser Faktor be-trug zum Zeitpunkt der Ent-wicklung des 10 μSv-Kon-zeptes 0,0125 pro Sievert (ICRP 26, 1977). Anders aus-gedrückt bedeutet dies, dass man davon ausging, wenn 100 Millionen Personen eine Strahlenbelastung von 10 Mikrosievert pro Jahr (μSv/a) erhalten, dann 100 Millionen Personen × 10 10-6 Sv × 0,01 Tote/Sv = 10 Personen jähr-lich zusätzlich an Krebs ster-ben werden. Hierbei werden Leiden der Erkrankung nicht eingerechnet, Heilerfolge re-duzieren den „Risikofaktor". Nun wurde jedoch aufgrund neuer Erkenntnisse von Strah-lenfolgen, insbesondere spät auftretender Krebsfälle der Atombombenabwürfe in Ja-pan sowie einer strahlenbiolo-gischen Neubewertung der Strahlenwirkung der Risiko-faktor zunächst auf den Wert von 0,050/Sv und schließlich (BEIR-Bericht V 1990) auf 0,054 bis 0,120/Sv korrigiert. Anstelle von unter früheren Annahmen auszugehenden 10 zusätzlichen Krebstoten im Jahr ist aufgrund eines in der Fachwelt inzwischen 10-fach höheren Risikofaktors von bis zu 120 bei einer Belastung der Bevölkerung in Deutschland mit jeweils 10 μSv pro Jahr (10 μSv/a) zu rechnen.
Ein Dosiseffektivfaktor senkt das Risiko
unbegründet um einen
Faktor 2
In der ursprünglichen Risiko-abschätzung der ICRP ging des Weiteren ein sogenannter „Dosis- und Dosisleistungsef-fektivitätsfaktor" (DDREF) ein. Dieser unterstellt, dass bei sehr geringen Dosen und Do-sisleistungen der Niedrigstrah-lung ein im Verhältnis zu an-sonsten wissenschaftlich er-mittelten linearen Dosis-Wir-kungs-Beziehung ein „unter-lineares" Verhalten vorliegen würde. Gegenüber diesem Faktor, der in den internatio-nalen Strahlenschutznormen mit dem Wert 2,0 angesetzt wurde, gab es schon im Jahr 2000 und in den folgenden Jahren eine umfassende Kri-tik. Auch das Bundesamt für Strahlenschutz hat in seinen „Leitlinien für den Strahlen-schutz" im Jahr 2009 ausführ-lich die Frage der Anwend-barkeit des DDREF überprüft und kommt zum Ergebnis, dass es „keine wissenschaftli-che Grundlage" für diesen Faktor gibt und „er sollte nicht mehr angewendet werden". Dies bedeutet aber, dass das Strahlenrisiko, das der Freiga-beregelung zugrunde liegt, um den Faktor 2 zu gering ange-setzt wurde.
Konsequenterweise ist es nun erforderlich, alle im Jahr 2000 definierten Grenzwerte um den Faktor 20 abzusenken. Dies erfolgte jedoch bei der Einführung einer allgemeinen Freigaberegelung mit der No-velle der Strahlenschutzver-ordnung im Jahr 2001 nicht. Diese Novelle war gerade zur Umsetzung vorgegebener EU-Regelungen (inclusive der Freigaberegelung) stark um-stritten und trat auch erst mit Verzögerung gegenüber den Anforderungen der EU in Kraft. Der BUND sowie zahl-reiche namhafte Strahlen-schützer und Strahlenbiologen protestierten im Jahr 2000 scharf gegen die damalige Einführung der Freigaberege-lung. Der BUND Hessen lehnt seither diese Freigaberegelung grundlegend ab.
Unterschätzung des Strahlenrisikos der Freigabe durch gering unterstellte Mengen
Bei der Einführung der Frei-gaberegelung stand klar die quasi vor der Haustüre ste-hende Menge zukünftig anfal-lender radioaktiver Reststoffe Pate. Das Bundesumweltmi-nisterium (BMU) schätzte im Jahr 2000 die Menge künftig anfallender Reststoffe auf über 4 Millionen Tonnen ins-gesamt und circa 480.000 Tonnen Material mit Radioak-tivität und legte auf Empfeh-lung der Strahlenschutzkom-mission eine Novelle mit Frei-gabewerten vor. Diese Grenz-werte hatte die Strahlen-schutzkommission wiederum aus Veröffentlichungen der Europäischen Kommission ent-nommen, die Transfermodelle berechnet hatten. Dosisfakto-ren wiederum wurden der EU-Richtlinie entnommen.
Allerdings erfolgte die Festle-gung des Konzeptes der Frei-gabe durch das BMU in den Jahren 2000 bis 2001 nicht al-lein aufgrund von Strahlen-schutzgrundsätzen. In einem Vermerk des BMU (AG RS II 1, Ref. RS II 3, vom 17.3. 2000, Novellierung der Strah-lenschutzverordnung, Das Kon-zept der Freigabe) ist explizit darauf verwiesen worden, dass man sich in einem „Span-nungsfeld" von Schäden auch geringster Strahlendosen und einer Relation zur natürlichen Radioaktivität befinden wür-de. Dieser Verweis zur Beur-teilung zusätzlicher Strahlen-dosen auf die natürliche Radioaktivität ist so alt wie falsch, weil aus der Existenz der natürlichen Radioaktivität keine zusätzliche Belastung abgeleitet werden kann, son-dern dies nur mit einer ander-weitigen Rechtfertigung erfol-gen darf. Das BMU hat so-dann bei den Überlegungen zur Festlegung eines (Dosis-) Wertes der „Unbedenklich-keit" einer zumutbaren Strah-lenbelastung durch die Freiga-beregelung neben der „Risiko-akzeptanz" und der „Risikobe-wertung" explizit auf „wirt-schaftliche Erwägungen der Kosten der Endlagerentsor-gung" verwiesen. Dies ist ein klarer Bruch zu den Regeln des Strahlenschutzes, bei de-nen nach dem Minimierungs-gebot solche Überlegungen völlig außen vor bleiben müs-sen. Das BMU hat somit explizit aus Gründen der Ko-steneinsparungen bei den Be-treibern der Atomkraftwerke den Strahlenschutz hintange-stellt. Man glaubte der Öf-fentlichkeit weismachen zu können, dass die zusätzliche Strahlenbelastung durch die neue Freigaberegelung so ge-ring sei, dass diese akzeptiert werden könne und anderer-seits den Betreibern ansehnli-che Kosten ersparen würde. Dies erfolgte bezeichnender-weise zu dem selben Zeit-punkt als der „Atomkonsens" mit den Betreibern vereinbart wurde.
Bei alldem ging man seitens der EU-Kommission bezie-4 Strahlentelex Nr. 662-663 / 2014
hungsweise den von ihr beauf-tragten Studien davon aus, dass jährlich zum Beispiel „nur" eine Menge von 10.000 Tonnen radioaktiv belasteter Metalle freigegeben, einge-schmolzen und allgemein (un-deklariert, was ja der Zweck dabei ist) verbreitet werden. Man ging davon aus, dass in den Jahren ab 2010 diese Menge europaweit auf über 50.000 Tonnen im Jahr stei-gen könne. Im Jahr 1995 konnte man aber bei der Er-stellung der Grenzwerte zum 10 μSv-Konzept noch nicht ahnen, dass im Jahr 2000 in Deutschland eine Regelung zum Atomausstieg zwischen Regierung und Kraftwerksbe-treibern unterzeichnet wurde, die spätestens ab dem Jahr 2020 zu einer deutlichen Er-höhung des durch Stilllegung und Abbau anfallenden radio-aktiven Restmülls führen würde. Da die real nicht nur in Deutschland sondern insge-samt in Europa anfallende Menge schwach radioaktiver Stoffe weitaus höher ist als zunächst angenommen, müss-te diese Tatsache in die Ent-wicklung der Grenzwerte ein-gehen, und zwar weil be-stimmte Personen (unwissent-lich, weil die Stoffe ja nicht mehr als radioaktiv deklariert werden) einer Exposition aus mehreren Quellen und Ab-rissmaßnahmen ausgesetzt sein können. Somit müssen die Grenzwerte entsprechend um (mindestens) den Faktor 5 abgesenkt werden. Auch das Bundesamt für Strahlenschutz BfS weist 1989 (Studie Schal-ler, Poschner et al.) darauf hin, dass die Grenzwerte künftigen Mengen anzupassen wären. Dies ist aber nicht erfolgt. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat dann erneut in sei-nen Leitlinien 2009 darauf hingewiesen, dass die der Freigaberegelung zugrunde liegenden Mengenangaben auch aus dem Grund überprüft werden müssen, weil die An-nahme, dass sich die Radioak-tivität und die daraus resultie-rende Dosis über viele Depo-nien verteilen würde, nicht aufrechterhalten lässt. Es sei davon auszugehen, dass es e-her nur wenige Deponien oder Verbrennungsanlagen sind, die den als nicht strahlend de-klarierten „Freigabe"-Atom-müll aufnehmen würden. Da sich hierdurch eine Konzent-rierung ergeben werde, sei entweder eine genaue Bilan-zierung der Verteilung der ei-gentlich „frei" gegebenen Ma-terialien erforderlich oder eine Veränderung der Grenzwerte, da sonst das Schutzziel nicht mehr eingehalten werden kön-ne. Das BfS schlägt eine mög-lichst exakte Berücksichti-gung des in Deutschland in den nächsten Jahrzehnten in-folge Stilllegung und Abriss kerntechnischer Anlagen zu prognostizierenden Mengen, Volumina etc. vor, „um nicht auf der Basis generischer Mo-delle abgeleitete Freigabewer-te entweder korrigieren oder mit ihrer Beibehaltung eine mögliche Überschreitung des Dosiswertes von 10 μSv/a in Kauf nehmen zu müssen". Genau letzteres befürchtet der BUND Hessen, da die Grenz-werte im Jahr 2011 sogar zahlreich nach oben gesetzt wurden.
Die Konzentration der Abfälle auf wenigen Deponien und die daraus resultierende Anpas-sung der Modellrechnungen zur Herleitung der Freigabe-werte hätten laut BfS zur Fol-ge, dass mit „durchweg deut-lich niedrigeren Freigabewer-ten" zu rechnen sei oder dass eine zentrale Registrierung der deponierten Mengen und Ak-tivitäten aus der Freigabe er-folgen müsste, um Akkumula-tionen auf einzelnen Deponien begegnen zu können.
Die Unterschätzung der anfal-lenden Mengen führt zudem zu einem Verstärkungseffekt, weil dadurch die Freigabe-grenzwerte erhöht werden konnten. Dies führt wiederum dazu, dass mit höheren Grenzwerten höhere Mengen radioaktiv belasteter Materia-lien als „nicht strahlend" frei-gegeben werden, und zu höhe-ren Mengen als die, die ur-sprünglich in den Studien un-terstellt wurden und die an-geblich die Strahlenrisiken „abdeckend" beschreiben.
Rundungen nach oben geben Spielraum um einen Faktor 3 bis 5
Eine in der Ableitung der Grenzwerte zur Freigabe übli-che Praxis war und ist eine Rundung von Zahlenwerten. Während man im täglichen Leben die Regel kennt, Zah-lenwerte von zum Beispiel 0,8 auf 1,0 aufzurunden, ist die Praxis bei der Ableitung der Freigabegrenzwerte im Strah-lenschutz, dass man auf Wert von 1, 3, 10, 30, 100 rundet. In der Regel werden die ge-nauer berechneten Werte auf-gerundet. (Studie Radiation Protection 89 Recommended radiological protection criteria for the recycling of metals from the dismantling of nu-clear installations, 1998, Eu-ropean Commission). Auch die BfS-Studie von Schaller et. al. aus dem Jahr 1989 weist darauf hin, dass zum Beispiel Zahlen von 3,9 oder 8,0 beide auf 10 Bq/g aufgerundet wer-den.
Zudem wurden in der zitierten Studie der EU RP 89 (1998), bei der der Transfer von Radi-oaktivität aus der Freigabe über verschiedene Expositi-onspfade betrachtet wurde, willkürlich Grenzwerte auf den Wert 1,0 Bq/g angehoben und dies um den Faktor 4 bis 6 bei einigen Radionukliden.
In den späteren Festlegungen von Grenzwerten zum Bei-spiel durch die Strahlen-schutzkommission und die Bundesregierung wird daher nicht ersichtlich, dass bei der Erstellung der Grundlagen für diese Grenzwerte schon will-kürlich eine Erhöhung um den Faktor 3 bis 5 nach oben ent-halten ist.
Weitere Erhöhung von Freigabe-Grenzwerten in der Strahlenschutzver-ordnungs-Novelle 2011
Mit der Novelle der Strahlen-schutzverordnung im Jahr 2011 wurden die Grenzwerte für die eingeschränkte Freiga-be (Deponien, Müllverbren-nung, sowie für Metall-schmelze) von jährlichen Mengen unter 100 Tonnen bzw. 1000 Tonnen im Jahr zum Teil deutlich um das 10- bis 1000-fache erhöht.
Die Strahlenschutzkommissi-on (SSK), deren Empfehlun-gen aus dem Jahr 1998 (Heft 16, SSK) schon in die damali-ge StrlSchV 2001 übernom-men wurden, lieferte die Be-gründung für die Anhebung der Grenzwerte: denn es seien die Deponien nun dichter (weniger durchlässig) als frü-her unterstellt, Rauchgase der Müllverbrennung würden bes-ser gefiltert.
Die Strahlenschutzkommissi-on baute hierzu in ihrer Emp-fehlung („Freigabe von Stof-fen zur Beseitigung, Empfeh-lungen" vom 6.12.2006) meh-rere Modelle und Faktoren zu-sammen. Zum einen wurden neuere Modelle für die Vertei-lungswege (Pfade) der Radio-aktivität (Poschner, Schaller, 1995) angesetzt. Bezüglich der für die Neubeurteilung von Deponien und Müllver-brennungsanlagen maßgebli-chen Faktoren bezog man sich auf eine Studie eines For-schungsvorhabens des Bun-desamtes für Strahlenschutz BfS, erstellt durch Thierfeldt, Wörlen der Firma Brenk Sys-templanung („Fortentwick-lung des radiologischen Mo-dells für die Berechnung von Freigabewerten für die Frei-gabe zu Beseitigung", BMU-Vorhaben StSch 4279, Firma Brenk Systemplanung, 2004). Nun ist jedoch genau diese entscheidende Studie, auf die sich die Strahlenschutzkom-mission bezog, nicht veröf-fentlicht und nicht erhältlich. Angeblich (mündliche Mittei-lung C. Küppers, Öko-Institut Nr. 662-663 / 2014 Strahlentelex 5
e.V., Stellvertretender Vorsit-zender der SSK, beim Erörte-rungstermin zum Abriss des AKW Mülheim-Kärlich, 18.6. 2014) habe es unterschiedli-che Auffassungen zwischen dem Autor Thierfeldt und der SSK gegeben. Dies ist jedoch kein Grund, dass diese Studie und diese Differenzen nicht öffentlich vorliegen. Der Kernpunkt ist jedoch, dass diese Studie (StSch 4279), die die wesentliche Grundlage für die Empfehlung der SSK von 2006 ist, und deren Grenz-wertvorschläge unverändert durch das Bundesumweltmi-nisterium in der StrlSchV 2011 übernommen wurden, nicht öffentlich überprüfbar vorliegt. Damit gibt es keine öffentlich nachvollziehbare Möglichkeit, sämtliche Ab-schätzungen in der Umwelt-verträglichkeitsuntersuchung zu möglichen Strahlenbelas-tungen einer unabhängigen Prüfung zu unterziehen. Die Kette der Nachweise, Argu-mentationen, wissenschaftli-chen Ergebnisse oder willkür-lichen Annahmen sind keiner Prüfung zugänglich. Dies wi-derspricht grundlegend dem Prinzip der öffentlichen Nachprüfbarkeit, denn ohne sie würde eine öffentliche Umweltverträglichkeitsunter-suchung keinen Sinn machen. Nach der Aarhus-Konvention ist eine klare, transparente und prüfbare Information der Öf-fentlichkeit erforderlich. Dies ist hier nicht der Fall.
Erstellung der Grenz-werte durch Studien im Dienste der Atomwirt-schaft
Zudem ist auffällig, dass die Entwicklung und Festlegung von Grenzwerten der Freigabe weitgehend nur durch wenige Personen und Firmen erfolgte. Sehr oft hat Dr. Thierfeldt bzw. die Firma Brenk Sys-templanung Studien der EU-Kommission erstellt oder an ihnen mitgewirkt. Diese Er-gebnisse gingen wiederum in die Empfehlungen der Strah-lenschutzkommission 1998 und 2006 ein. Dr. Thierfeldt ist Mitglied in einem Aus-schuss der SSK und wirkt in einem weiteren Arbeitskreis der SSK mit. Er ist auch Ob-mann des DIN Ausschusses der DIN 25457, die die Mess-vorschriften für die Einhal-tung der Grenzwerte der StrlSchV zur Freigabe defi-niert. Im Abrissverfahren des AKW Mühlheim-Kärlich ist er Sachverständiger im Auf-trag der RWE.
Dabei ist nicht die einzelne Person wesentlich, sondern die Strukturen. Staatliche Ent-scheidungen (BMU) für die Freigabe beruhen auf Studien, die Grenzwerte der Freigabe-regelung vorgeben und die wesentlich durch Firmen und Personen erstellt wurden, die im Auftrag der Atomwirt-schaft standen und stehen oder durch übergeordnete Gremien wie EURATOM beauftragt wurden.
In diesen Studien und Emp-fehlungen erfolgten die we-sentlichen Annahmen und Vo-raussetzungen für Mengenge-rüste, Verteilung der radioak-tiven freigegebenen Stoffe, der Expositionsbedingungen für Arbeiter und die allgemei-ne Bevölkerung.
Die Methodik der Freigabemessung ist unzureichend und
nicht abdeckend
Betrachtet man die Tabelle 1 in Anlage III zu Paragraph 29 der StrlSchV werden dort über 300 verschiedene Radionukli-de aufgelistet, für die Grenz-werte der Freigabe festgelegt werden. Auf den ersten Blick würde man meinen, dass alle diese Radionuklide in einer Probe des freizugebenden Ma-terials untersucht werden müssen und sämtliche Grenz-werte jeweils einzuhalten sind. Dies ist aus verschiedenen Gründen aber nicht möglich. Einige Radionuklide wie Strontium-90 oder auch Ni-ckel-63 sind reine Beta-Strahler so dass an deren Strahlung das Nuklid gar nicht einfach mit Gammaspektro-metern, die eine Identifizie-rung einzelner Radionuklide ermöglichen, festgestellt wer-den kann. Man behilft sich nun mit einem Trick, indem man unterstellt, dass diese Ra-dionuklide jeweils im Zusam-menhang mit anderen Radio-nukliden in Kontaminationen oder Aktivierungen auftreten. So wird unterstellt, dass als Spaltprodukt Strontium-90 oft zusammen mit dem einfach bestimmbaren Cäsium-137 auf-tritt und das Aktivierungspro-dukt Nickel-63 zusammen mit Cobalt-60. Man beschränkt sich daher auf die Messung einiger Radionuklide, die man gut, schnell, einfach und kos-tengünstig messen kann und unterstellt, dass damit auch die nicht einfach, nicht schnell und nur sehr aufwändig mess-baren anderen Radionuklide ausreichend erfasst wären.
Ob und wie dies allerdings möglich ist, müsste zunächst in Orientierungs- und Probe-messungen nachgewiesen werden. Hierzu werden so ge-nannte „Nuklidvektoren", eine Verteilung der Aktivitäten vieler Radionuklide in dem für die Freigabe vorgesehenen Material detailliert gemessen, um dann entscheiden und be-gründen zu können, dass eine spätere vereinfachte und kos-tengünstigere Beschränkung der Freigabemessung auf nur wenige Radionuklide fachlich und seitens des Strahlenschut-zes gerechtfertigt werden kann und die Wahrscheinlichkeit, bei der Freigabe nicht messba-re Radionuklide mit Über-schreitung von Grenzwerten doch freizugeben, gering ist.
Es besteht daher das Problem, dass von den nach StrlSchV aufgeführten über 300 Radio-nukliden nur ein geringer An-teil tatsächlich sicher mit der bestehenden üblichen Mess-technik bestimmt werden kann. Ein wesentliches bean-tragtes Konzept ist, dass nur ein geringer Anteil der vor-handenen radioaktiven Stoffe (spezifisch) gemessen wird, und unterstellt wird, dass bei Einhaltung der Grenzwerte für diese Stoffe zugleich auch die Einhaltung der Freigabe-Grenzwerte für alle anderen Stoffe gesichert sei. Diese Methode setzt voraus, dass die einmalig (oder nur in wenigen Fällen) bestimmte Gesamt-nuklid-Zusammensetzung ei-ner Probe tatsächlich reprä-sentativ für den betreffenden Bereich ist. Man setzt hierbei ebenfalls voraus, dass diese Verteilung radioaktiver Stoffe sowohl in ihrer Verteilung un-tereinander als auch in einem bestimmten freizugebenden oder abzureißenden Bereich sowohl repräsentativ ist als auch die maximal vorkom-mende Aktivität „abdeckend" erfasst.
Es wurde jedoch in keiner Weise dargelegt, welche bis-herigen Messungen schon er-folgten, welche Nuklidvekto-ren hierbei festgestellt wurden und unter welchen Vorausset-zungen sich hierdurch eine „sicher abdeckende" Messung ergibt. In der Praxis erfolgt durch Genehmigungsbehörden die Vorgabe, dass bei der Freimessung nur 10 Prozent des Grenzwertes eines be-stimmten als repräsentativ un-terstellten Radionuklids ange-setzt werden darf. Man unter-stellt hierbei, dass alle anderen Radionuklide gemäß einer nach einer relativen Ausfül-lung von spezifischen Grenz-werten gewichteten Summen-formel (§ 29 StrlSchV und Anhang) insgesamt der Sum-menwert von 1,0 nicht über-schritten wird. Ob allerdings der Ansatz von 10 Prozent ei-nes Grenzwertes tatsächlich sicher abdeckend bezogen auf die Einhaltung aller Freigabe-grenzwerte sowie der Sum-mierung der relativen Einhal-tung der Grenzwerte ist, muss zuvor nachgewiesen werden. Dies ist nicht erfolgt. Ob dies von der Behörde eingehalten und kontrolliert werden kann, ist ebenfalls nicht nachgewie-sen.
Alle diese Fragen wurden sei-tens der Antragstellerin RWE Power AG nicht dargelegt. Es 6 Strahlentelex Nr. 662-663 / 2014
erfolgte keine Darlegung von Untersuchungen, Messungen, Berechnungen, Abschätzun-gen und keine Begründung, warum die Begrenzung der Freigabemessung auf nur drei Radionuklide hinreichend ab-deckend ist, um das Schutzziel sicher einzuhalten.
RWE Power AG geht offen-sichtlich davon aus, dass die Einhaltung und der Nachweis der Einhaltung der Ziele und Anforderungen der StrlSchV, insbesondere von Paragraph 29 inclusive Anlage III durch die Behörde sanktioniert wer-den. Die Behörde kann zum Teil diese Messungen auch nicht durchführen, so dass wiederum andere, dritte La-bors mit diesen Untersuchun-gen beauftragt werden. Diese Labors arbeiten dann in ihrer Methodik nach Normen wie zum Beispiel der DIN 25457, in deren DIN Ausschuss wie-derum Dr. Thierfeldt von der Firma Brenk Vorsitzender ist, die vielfach von der Atom-wirtschaft mit Studien und Beratungen für Abriss von Atomanlagen beauftragt wur-de.
Die Antragsstellerin RWE Power AG verschiebt hier die Verantwortung für eine siche-re Einhaltung der Strahlen-schutzziele auf das Ministeri-um als Genehmigungsbehör-de, das eigenständig nicht in der Lage ist, die entsprechen-de Einhaltung der Verordnung durch entsprechend umfang-reiche Messungen sicherzu-stellen. Es sei erwähnt, dass gemäß einem Urteil des Bun-desgerichtshofes (BGH) DIN-Normen keinen Gesetzescha-rakter haben, sondern eine privat erstellte Regel sind. Die „öffentliche" Kontrolle der Freigabe schwach radioaktiver Stoffe erfolgt daher letztlich aufgrund von Regeln, die im Wesentlichen durch Firmen und Sachverständige erstellt wurden, die im Auftrag der Atomwirtschaft arbeiten.
Gemäß Paragraph 29 Absatz 2 StrlSchV gilt als Bezugsgröße die maximale effektive Dosis für Einzelpersonen von 10 μSv/a. Die zuständige Behör-de „kann davon ausgehen" laut Paragraph 29, dass dies erfüllt ist, wenn für verschie-dene Wege und Mengen der Freigabe die Grenzwerte nach Anlage III Tabelle 1 erfüllt sind. Es wird im Rahmen gängiger Praxis unterstellt, dass diese Grenzwerte für alle in Tabelle 1 aufgeführten Ra-dionuklide eingehalten werden (bzw. gemäß der Summen-formel die summierten Ver-hältniswerte zu den Grenzwer-ten unter 1,0 liegen), wenn nur die Grenzwerte für einige we-nige Radionuklide eingehalten werden. Es wurde nicht nach-gewiesen, dass der Nachweis nur weniger Radionuklide ab-deckend und repräsentativ ist für das jeweilige Gesamt-spektrum von Radionukliden, differenziert nach verschiede-nen Bauteilen. Es wurde daher nicht durch den Antragsteller nachgewiesen, dass die beab-sichtigten und unterstellten Mengen zur Freigabe die An-forderungen der StrlSchV ein-halten.
Bei dem Konzept der Freigabe kommt hinzu, dass keine ab-solute Begrenzung der freige-gebenen Mengen aus einer, zwei oder mehreren Atoman-lagen besteht. Andererseits besteht keine Gesamtbilanzie-rung der Freigabemengen aus allen Anlagen, so dass hier-über nicht gesichert ist, ob das 10 μSv-Konzept eingehalten werden kann. Der Wider-spruch liegt in dem Konzept selbst. Zunächst wurde im Rahmen der „uneingeschränk-ten Freigabe" unterstellt und abgeschätzt, dass das Schutz-ziel auch eingehalten wird, wenn keine Mengenbegren-zung besteht. Dann wurden deutlich höhere Grenzwerte für jährliche Freigabemengen von 100 und 1000 Tonnen eingeführt. Im Rahmen dieses Konzepts können aber auch hohe Mengen durch jeweils jährliche Ausschöpfung dieser Mengen entstehen. Hierdurch ist eine sowohl örtliche als auch zeitliche Kumulation möglich, auch aus Freigaben aus anderen Entsorgungsanla-gen im Sinne von Paragraph 29 (2) StrlSchV, so dass in der Summe eine höhere Strahlen-belastung erfolgt, da per Ver-ordnung unterstellt ist, dass gerade keine Kennzeichnung der Abfälle als radioaktiv er-folgt.
Faktisch ist damit auch mittels Zwischenlagerung (RWE Power AG baut wohl hierzu auch ein weiteres LAW2-Lager) Materialien mit höhe-ren Aktivitäten gelagert und dann in folgenden Jahren frei-gegeben werden, zumal auch kein Zeitplan des Abrisses sowie der Verteilung der Frei-gabemengen und der Aktivitä-ten über die Jahre hinweg konzipiert wurde. Der BUND Hessen fordert daher die Vor-lage eines Mengengerüstes der geplanten Freigabemengen nach Freigabearten, Pfaden und Aktivitäten für das Ge-samtvorhaben bis zur endgül-tigen Entlassung der Anlage aus dem Atomrecht.
Die Freigaberegelung nach dem 10 μSv-Kon-zept steht auf tönernen Füßen
Mit der Freigaberegelung konnte die Problemlage im Strahlenschutz insofern ent-spannt werden, als absehbar war, dass über 90 Prozent des schwach radioaktiven Rest-mülls aus dem Abbau der An-lagen als „nicht mehr strah-lend im Sinne der Strahlen-schutzverordnung" freigege-ben werden können.
Zudem verfügten weder Be-treiber noch Bundesregierung über ein genehmigtes Lager für schwach- bis mittelaktiven Abfall, denn Schacht Konrad war damals schon stark um-stritten und ist heute, aus Sicht des BUND Hessen auf unzu-reichender fachlicher Grund-lage, genehmigt, aber auch faktisch noch nicht für diesen Müll ausgebaut. Aktuell kommt hinzu, dass sich die Inbetriebnahme von Schacht Konrad deutlich verzögert aufgrund weiterer baulicher Erfordernisse, verbunden mit einer erheblichen Kostenstei-gerung und dies vor dem Hin-tergrund eines Bestechungs-skandals der Betreiberfirma mit ausführenden Firmen. Es ist unklar ob und wann Schacht Konrad wirklich als Endlager für „schwach- und mittelradioaktiven" Atommüll bereitstehen wird.
Insgesamt 1000-fache Unterschätzung des Strahlenrisikos
Es ist klar, dass damals wie heute der Drang der AKW-Betreiber nach einer kosten-günstigen Entsorgungsweise von hunderttausenden Tonnen schwach radioaktiven Materi-als hoch ist.
Gegenüber den ursprünglichen Grenzwerten (ohne diese hiermit anzuerkennen), wäre es erforderlich gewesen, die Grenzwerte für die im Jahr 2001 eingeführte Freigabe um folgende Faktoren abzusen-ken:
Faktor 10 aufgrund der Neubewertung des Risikofak-tors der Strahlenwirkung
Faktor 2 aufgrund des Wegfalls des Dosis-Redukti-onsfaktors
Faktor 2 aufgrund von zu geringen Dosisfaktoren für be-sondere Risikogruppen
Faktor 5 durch zu geringe Transferfaktoren und willkür-liches Anheben von Grenz-werten
Faktor 3 aufgrund Aufrun-dens der Grenzwerte (von 3 auf 10)
Faktor 5 aufgrund höheren Gesamtanfalls von radioakti-ven Abfällen als zuvor unter-stellt
Faktor X — unklar durch Nicht-Berücksichtigung von allen Radionukliden bei der Messung
Diese Faktoren sind jeweils eine Unterschätzung der Ein-wirkung oder eine Unterschät-zung des Risikos und bedeu-ten dass zusammengenommen das Risiko einer Krebserkran-Nr. 662-663 / 2014 Strahlentelex 7
kung durch die bestehende Freigaberegelung um mehr als das 1000-fache systematisch unterschätzt wird.
Das Problem (oder der Trick) besteht darin, dass in jedem einzelnen Schritt also von dem Vorhandensein, der Mes-sung von Radioaktivität in ei-nem freizugebenden Material, über die Risikobeurteilung, die Dosisfaktoren, die Trans-ferpfade, für die jeweiligen Annahmen jeweils nur ein re-lativ „leiner" Faktor an Un-terschätzung eintritt. Zusam-mengenommen jedoch kann sich hier eine immense Unter-schätzung der resultierenden Strahlenbelastung durch die Freigabe ergeben.
Würde theoretisch die gesam-te Bevölkerung mit der als sehr gering aufgefassten Strahlendosis von 10 μv/a belastet werden, könnte es sein, dass nicht 10 sondern 10.000 Krebstote jährlich die Folge wären. Dies wäre, zum Beispiel im Vergleich zu jähr-lichen Verkehrstotenzahlen, eine erhebliche Zahl, wobei im Unterschied zu Verkehrs-unfällen bei der Freigaberege-lung radioaktiver Stoffe kein Rückschluss eines Krebsto-desfalles auf die Ursache AKW-Freigabe möglich ist. Beim Verfahren des AKW-Abriss in Mülheim-Kärlich stellte die Umweltministerin in Rheinland-Pfalz, Eveline Lemke, fest, dass man beim Abriss von AKW nicht von Krebstoten reden solle.* Wir erwarten jedoch, dass das Hessische Umweltministerium auf die reale Gefahr der Strah-leneinwirkungen eingeht. Der BUND will keine Panik ma-chen, sondern durch vorherige Hinweise auf Gefahren und der Gefahrenabwehr und Vor-sorge künftige vermeidbare Paniken bei Schadensereignis-
* „s geht hier nicht darum, ein Atomkraftwerk zu bauen, sondern eines abzubauen. Lassen Sie uns in der Tonalität nicht in Panik verfallen, dass es Tote gibt, wenn ein Atomkraftwerk abgebaut wird - die wird es nicht geben". Rhein-Zeitung vom 17.06.2014
sen verhindern.
Das Problem ist gerade, dass diese Gefahr die entscheiden-de Gefahr ist, die von Atom-kraftwerken ausgeht und we-sentlicher Grund zum not-wendigen sofortigen Stopp der Atomstromerzeugung ist. Die-ses Risiko ist bei der Freigabe von Atommüll aus dem Abriss besonders groß, da eine um Größenordnungen höhere Ak-tivität im Vergleich zum „ormalbetrieb" völlig un-kontrolliert und undeklariert und nicht nachvollziehbar in die Umwelt, in stoffliche Pro-zesse und Produkte abgegeben wird.
Die damit verbundenen Aus-wirkungen können, da der Ri-sikofaktor höher anzusetzen ist, eine gegebene Aktivität eine höhere Dosiswirkung bewirkt und eine größere Menge radioaktiver Stoffe „reigegeben" wird, um das 1000-fache höher sein, als zu-vor unterstellt. Statt einer Größenordnung von 10 Krebs-toten im Jahr kann dies eine Induzierung von (über) 10.000 Krebstoten im Jahr durch die Freigabepraxis bedeuten. Dies ist auch im Vergleich zu ande-ren Risiken (Haushalt, Arbeit, Autofahren) eine signifikante Größenordnung. Die Freigabe einer großen Masse schwach radioaktiver Stoffe trägt dazu ihren Teil bei und kann aus Prinzipien der gesundheitli-chen Vorsorge nicht akzeptiert werden.
Dies zeigt, dass die Grenzwer-te für die Freigabe schwach radioaktiver Stoffe nicht hin-reichend „icher" gewählt sind, um die bei der Entwick-lung des Freigabekonzeptes zugrundeliegenden Risikobe-schränkungen einhalten zu können.
Dies bedeutet umgekehrt, dass mittels der Freigabereglung eine um (mindestens) den Faktor 1000 zu hohe radioak-tive Belastung und Induzie-rung von Krebstoten erfolgen und im Rahmen der gesetzli-chen Regelungen nicht ausge-schlossen werden kann.
Daraus folgt, dass um das ur-sprünglich seitens der IAEA, der EU-Kommission sowie der Strahlenschutzkommission und der Bundesregierung un-terstellte Schutzziel einzuhal-ten, die Grenzwerte zur Frei-gabe um (mindestens) den Faktor 1000 geringer ange-setzt werden müssen. Diese Forderung des BUND Hessen richtet sich sowohl an den Ge-setzgeber, wie in diesem Ver-fahren auch an die kontrollie-rende Behörde, das hessische Umweltministerium und den Betreiber RWE Power AG, keine Stoffe freizugeben, die 1/1000 der bestehenden Grenzwerte überschreiten.
Falls dies bedingt, dass hier-durch die Mengen, die nicht freigegeben werden können, soweit ansteigen (zum Bei-spiel von 3000 Tonnen auf 30.000 Tonnen pro Block), dass für diese keine (geneh-migte) Zwischen- oder End-Lagerungsmöglichkeit besteht (zumal auch Schacht Konrad für diese Mengen nicht konzi-piert wurde, da man ja von der Freigabemöglichkeit ausging), ist seitens des Betreibers so-wie staatlicher Stellen ein neues Konzept der Lagerung dieser radioaktiv belasteten Stoffe zu erstellen. Der Ver-gleich in Europa zeigt, dass es in allen EU-Ländern sehr ver-schiedene Regelungen zur La-gerung solcher Stoffe gibt.
Die Freigaberegelung ist nicht akzeptierbar
Die Freigabe basiert auf einer gesetzlichen Regelung, deren Grundlagen und Methodiken sowie Ansätze und Annahmen nicht mehr haltbar sind.
Diese schon durchgeführte und beantragte Freigabepraxis bedeutet einen Verstoß gegen die Grundsätze des Strahlen-schutzes, die immer eine Mi-nimierung der Einwirkungen und des Risikos erfordern. Hingegen wurden Freigabe-grenzwerte durch die Reduzie-rung von Kostenauswirkungen auf Betreiber durch das BMU mitbestimmt. Dies ist in kei-ner Weise akzeptierbar. Die Entwicklung der Freigabe-grenzwerte wurde maßgeblich durch Personen und Unter-nehmen mitbestimmt, die im Auftrag der Atomwirtschaft arbeiten und nicht als unab-hängig anzusehen sind.
Auch nach den Grundsätzen des BfS sowie internationaler Strahlenschutzgremien ist zumindest eine Bewertung nach dem ALARA-Prinzip er-forderlich. Dies setzt aber eine Ermittlung der Auswirkungen von Tätigkeiten und Freigaben und zugleich eine OPTIMIE-RUNG voraus. Dies würde bedeuten, dass ein Vergleich zwischen verschiedenen Opti-onen der Freigabe, der Lage-rung und anderen Methoden erfolgt. Noch nicht einmal diese Optimierung ist durch-geführt worden.
Hingegen ist unterstellt, dass die Grenzwerte der Freigabe bis zum Maximum ausge-schöpft werden. Noch nicht einmal eine sonst übliche Be-grenzung auf 10 Prozent der Grenzwerte, um mehr auf eine sichere Seite zu kommen, wurde unterstellt und auch nicht beantragt.
Dies bedeutet, dass mit der geplanten und beantragten Freigabe einer großen Menge radioaktiv belasteter Stoffe vor dem Hintergrund, dass aufgrund grundlegender und systematischer Fehler in der Risikoberechnung ein 1000-fach höheres Todesrisiko be-steht, das Vorhaben von RWE zur Freigabe von zehntausen-den Tonnen radioaktiv belas-teten Materials eine nicht zu rechtfertigende und nicht zu akzeptierende Tötung von Menschen in hoher Zahl her-vorrufen wird.
Die Freigabe radioaktiver Stoffe gemäß Paragraph 29 der Strahlenschutzverordnung wird daher abgelehnt, weil es ein Tötungsprogramm durch undeklarierte und unkontrol-lierte Verteilung von radioak-tiven Stoffen in Umwelt und Stoffströmen ist. Aus dieser Einschätzung folgt jedenfalls, dass die Vorgaben des Para-8 Strahlentelex Nr. 662-663 / 2014
graphen 29 der Strahlen-schutzverordnung offensicht-lich nicht den Schutzpflichten des Staates gegenüber der Be-völkerung gerecht werden, der Staat also seine Schutzpflich-ten in verfassungswidriger Weise verletzt, und dass diese Vorgaben letztlich in Form eines Willküraktes den dem Gesetz- beziehungsweise dem Verordnungsgeber eingeräum-ten Spielraum zur Rechtsset-zung weit überschreiten.
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Atommüll
Was vom AKW Obrigheim als Atommüll übrigbleibt
Freimessung light am Beispiel des AKW Obrigheim
Von Getrud Patan, Initiative AtomErbe Obrigheim1
1 Gertrud Patan,
Initiative AtomErbe Obrigheim,
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.atomerbe-obrigheim.de
Ist die „reimessung" nach Paragraph 29 der Strahlenschutzverord-nung praktikabel?
Schon seit mehreren Jahren fordert die Initiative AtomEr-be Obrigheim von der Ge-nehmigungsbehörde, dem ba-den-württembergischen Um-weltministerium, einen trans-parenten Umgang mit dem Thema des „reigemessenen" Materials, das beim Rückbau des AKW Obrigheim anfällt und immer noch radioaktive
Stoffe enthält. Die Beteue-rung, dass alles „nbedenk-lich" sei2, können die Mitglie-der der Initiative nicht nach-vollziehen, denn der Prozess der „reimessung" ist sehr kompliziert, und es können auch Fehler auftreten.
2 Pressemitteilung des baden-württembergischen Umweltminis-ters vom 28.01.2014
Wenn alles Material aus dem nuklearen Bereich von Atom-anlagen als Atommüll be-trachtet würde, wären die Probleme der Lagerung noch größer. Um dies zu umgehen, wurde 2001 in der Strahlen-schutzverordnung (StrlSchV)
die „reigabe" von gering ra-dioaktiv belastetem Material geregelt. Mit Hilfe der soge-nannten „reimessung" – der Begriff suggeriert, dass das Material danach frei von Ra-dioaktivität ist – wird ermög-licht, dass aus Atommüll „ormaler" Müll wird, der dann dem Kreislaufwirt-schafts- und Abfallgesetz un-terliegt.
Bei der „reimessung" wer-den zwei Kategorien unter-schieden: Bei Unterschreitung bestimmter Grenzwerte ist die „eseitigung" auf einer De-ponie oder in einer Müllver-brennungsanlage vorgeschrie-ben („weckgerichtete Freiga-be"). Bei noch geringerer ra-dioaktiver Belastung ist eine freie Verwertung zugelassen, also die Rückkehr in den Stoffkreislauf, zum Beispiel als Beton im Straßenbau, als Metall für Kochtöpfe oder an-dere Alltagsgegenstände („n-eingeschränkte Freigabe"). Durch die in der StrlSchV vorgegebenen Grenzwerte soll erreicht werden, dass eine Einzelperson höchstens mit einer jährlichen Strahlenbelas-tung „m Bereich von 10 Mik-rosievert" zu rechnen hat. Laut einem Leitfaden des Landes Baden-Württemberg3 können das „inige" 10 Mik-rosievert, zum Beispiel auch 20 Mikrosievert sein. Es ist also keine feste Grenze.
3 „eitfaden zur Freigabe nach § 29 StrlSchV" des Landes Baden-Württemberg, Stand 1.8.2007, S. 84, http://um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/Dateien/Dokumente/3_Umwelt/Kernenergie/Dokumente/Berichte/Leitfaden_zur_Freigabe.pdf
In einer 30-seitigen Tabelle (Anlage III der Strahlen-schutzverordnung) ist festge-legt, welche radioaktiven Stof-fe in „reigemessenem" Mate-rial enthalten sein dürfen. In einer Erläuterung, aus dem