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Nicht in unserem Namen
Not in our name … nicht in unserem Namen …
von Karl-Jürgen Müller
Der Regierung der Russischen Föderation wird immer wieder vorgeworfen, unsere westlichen Werte zu missachten. Aber sind es nicht vor allem unsere westlichen Regierungen selbst, die Recht und Demokratie übergehen? Die deutsche Politik ist dabei ein «Musterschüler».
Hat man vergessen, wie oft US-Regierungen und ihr britischer Waffenbruder schon gelogen haben – und dass sich das auch herumgesprochen hat? Setzt man wirklich auf Vergesslichkeit? Wie kommt man sonst auf die Idee, einen Anschlag in Großbritannien ohne einen einzigen für die Öffentlichkeit nachvollziehbaren Beweis zum Anlass zu nehmen, die Konfrontation mit Russland weiter zu verschärfen? Und die deutsche Regierung1 mischt dabei auch noch an vorderster Front mit; mit Hilfe der deutschsprachigen Propagandarohre – die «Neue Zürcher Zeitung» aus der Schweiz muss man anders als die Schweizer Regierung leider hinzuzählen.
Als denkender Zeitgenosse weiß man, dass Anlässe konstruiert werden und dass es vollkommen falsch ist, wenn nun behauptet wird, alleine eine russische Täterschaft mache Sinn. Wer hat denn Interesse an einer Eskalation? Cui bono? Das Problem ist doch, dass die für die Eskalation Verantwortlichen den Schluss gezogen haben, mit einer permanenten Eskalation könne man Russland letztlich in die Knie zwingen, ähnlich wie in den 80er Jahren die Sowjetunion. Manche «Lehren aus der Geschichte» könnten sich als hochgefährlicher Fehlschluss erweisen.
Was wollen die deutschen Bürger?
Wer indes überhaupt nicht gefragt wird, das sind die Deutschen selbst. Eine eigentlich abgewählte Regierungs-Koalition der Wahlverlierer rührt die Kriegstrommeln – aber was will das deutsche Volk? «Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.» So heißt es in Artikel 20, Absatz 2, Satz 1 des deutschen Grundgesetzes. Ich als Deutscher wurde nicht gefragt, ob ich mit diesem Kriegskurs einverstanden bin. Ich kenne auch keinen einzigen Deutschen in meinem Freundes-, Bekannten- oder Kollegenkreis, der gefragt wurde.
Verfassungs- und Eidbruch einer autokratischen deutschen Herrschaftsclique
Deshalb sage ich: nicht in unserem Namen! Was derzeit passiert, geschieht nicht im Namen des deutschen Volkes. Was derzeit passiert, ist ein mehrfacher krasser Verfassungs- und Eidbruch einer autokratischen deutschen Herrschaftsclique, die anderen Interessen dient – nicht den Interessen des deutschen Volkes.
Wir Bürger müssen dies zur Kenntnis nehmen und Widerspruch leisten. Millionenfach: nicht in unserem Namen! Wann, wenn nicht jetzt, braucht es eine starke deutsche Friedensbewegung? Unsere Kinder und Enkelkinder werden später fragen: Warum habt Ihr das zugelassen? Wäre diese Frage so abwegig? Es ist allerhöchste Zeit, die weitere Entwicklung nicht der deutschen Regierung zu überlassen. Überdeutlich ist die weitere Entwicklung abzusehen. Wollen wir wie Lemminge in die Katastrophe ziehen?
Prominenz alleine reicht nicht
Nicht in unserem Namen! Immer wieder haben sich Persönlichkeiten mit dieser Parole zu Wort gemeldet. In den USA, aber auch in Deutschland. Vor dreieinhalb Jahren, im Dezember 2014, haben zahlreiche deutsche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens einen wichtigen Appell für eine andere Russlandpolitik veröffentlicht2. Der Titel: «Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!» Heute ist dieser Aufruf verhallt. Es reicht eben nicht aus, auf namhafte Persönlichkeiten zu hoffen. Wir Bürger müssen auch selbst aktiv werden und unsere «westlichen Werte» einfordern. Eine Bürgerbewegung für das Grundgesetz! Dafür, dass die Staatsgewalt vom Volke ausgeht, für den Rechtsstaat, für die Achtung des Völkerrechts, für die Strafbarkeit der Vorbereitung eines Angriffskrieges, gegen alle Versuche, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören – auch das ist laut Grundgesetz verfassungswidrig und strafbar.
Ostern steht vor der Tür. Es hat einmal kraftvolle Ostermärsche gegeben. Deutschland ist dem Frieden verpflichtet. Das ist auch eine geschichtliche Pflicht. Die Uhr steht auf 5 vor 12 … und sie wird weiterticken – wenn wir Bürger nicht gegensteuern.
1 Aber nicht alle deutschen Politiker. So sagte der ehemalige EU-Kommissar und SPD-Politiker Günther Verheugen in einem Interview mit der «Augsburger Allgemeinen» vom 27. März 2018: «Die Argumentation im Fall Skripal erinnert mich ein bisschen an eine Urteilsverkündung nach dem Motto ‹Die Tat war dem Beschuldigten nicht nachzuweisen, aber es war ihm zuzutrauen.› Die Haltung, dass Putin und die Russen im Zweifel für alles verantwortlich sind, ist eine Vergiftung des Denkens, die aufhören muss.»